Mitte des 19. Jahrhunderts zeichnete sich in der russischen Gesellschaft eine Situation ab, die tiefgreifende Veränderungen notwendig machte. Bei einem weiteren Hinauszögern bestand die Gefahr, dass das Land hoffnungslos hinter der Entwicklung anderer europäischer Staaten zurückbleiben könnte.
Die Niederlage Russlands im Krimkrieg (1853-1856) hatte die Krise, in der sich das Land befand, schlaglichtartig verdeutlicht. Grundlegende Reformen waren unausweichlich.
Zu den unter Zar Alexander II. eingeleiteten Reformen gehörten unter anderem:
- Das Manifest über die Aufhebung der Leibeigenschaft - rund 90 Prozent der Bevölkerung waren in der Landwirtschaft tätig - aus dem Jahr 1861. Mit diesem Gesetz sollte die drängendste Frage, die Agrarfrage, gelöst werden.
- Allerdings konnte durch diese Reform die drückende Landarmut der meisten Bauern Russlands nicht beseitigt werden, da der feudale Großgrundbesitz nicht angetastet wurde.
- Die zur Neuordnung und Vereinheitlichung der Verwaltung durch die Schaffung von Selbstverwaltungsorganen wurde durch das "Gesetz über die Semstwoinstitutionen"
von 1864 angestrebt. In diese Reform waren auch Regelungen zum Aufbau eines modernen Schultyps, zum Gesundheitswesen und zur Gestaltung der örtlichen Wirtschaft erhalten.
- Das Militärwesen wurde 1874 durch das "Gesetz zur Einführung der allgemeinen Militärdienstpflicht"
reformiert.
Durch die Reformen wurde das in Russland bestehende gesamtgesellschaftliche Defizit an politischer Freiheit nicht behoben. Russland blieb bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts - bis zur ersten russischen Revolution von 1905/07 - eine absolute Monarchie, ein Land ohne Verfassung und Parlament.
Auch die sogenannten
"Stolypinschen Reformen" 
änderten an dieser Situation nichts.