Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil II 1820 - 1917

3 "Deutsche Frage" und Lösungswege

3.4 Fremdengesetz

3.4.3 Auswanderungswelle

3.4.3.4 Arbeitskraft und die Zahlungsfähigkeit der deutschen Kolonisten

Botschafter von Schweinitz verwies in einem Bericht aus dem Jahr 1893 an Reichskanzler Bismarck auf die wirtschaftlichen Interessen russischer Generäle und Beamter, die in den Besitz konfiszierter polnischer Güter gelangt waren oder diese von verarmten polnischen Adligen billig gekauft hatten. Die Absicht der russischen Regierung, auf diesem Wege einen
"russischen Gutsbesitzerstand" zu schaffen, scheiterte aber am "Mangel an Neigung und Fähigkeit der Begünstigten zur Selbstwirtschaft der leicht erworbenen Güter, auf denen sie selten oder nie wohnten. Um etwas Ertrag aus ihnen zu ziehen, wenden sie sich, oft mit Umgehung der Gesetze, an Juden, oder stellen deutsche Verwalter an; oder sie rufen deutsche Kolonisten herbei, welche Wälder urbar machen, das Land dann in längere Pacht nehmen, dann häufig um hohen Preis kaufen oder nach Ablauf des Kontraktes in so gutem Zustand zurückgeben, daß es höheren Zins bringt. Da die einheimischen Bauern genug eigenes Land besitzen, um leben zu können, und da sie zu träge sind, um Pachtländereien zu meliorieren, so ist es natürlich, daß der russische Grundbesitzer, der weder an einen Katholiken noch an einen Juden verkaufen darf und keine orthodoxen Unternehmungslustigen und geschulten Agronomen als Käufer, Pächter oder Verwalter finden kann, am besten fährt, wenn er Deutsche zur Hilfe ruft. Durch ein Gesetz wird man hieran wenig ändern."
 
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