Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil II 1820 - 1917

3 "Deutsche Frage" und Lösungswege

3.5 Ausbruch des Ersten Weltkrieges

3.5.3 Pogrom

3.5.3.1 Verlauf der Ereignisse

3.5.3.1.1 Tragisch-komische Episode

Einem Bericht von Nikolai Charlamow folgend stand ein Ausländer den ganzen Tag mit Büsten des Zaren und der Zarin in den Händen an der Tür seines Geschäftes und stimmte jedes Mal, wenn sich wieder eine Gruppe von Pogromteilnehmern näherte, aus vollem Hals und in gebrochenem Russisch die Zarenhymne an. Auf diese Weise konnte er sein Geschäft den ganzen Tag über retten. Am Abend allerdings, als er, vom vielstündigen Singen offenbar bereits erschöpft und angesichts der scheinbaren Beruhigung auf der Straße, schon keine Ausschreitungen mehr fürchtend, mit seinen Büsten nach Hause ging, demolierten verspätet vorbeiziehende Pogromteilnehmer sein Geschäft total.

Nicht weniger tragisch-komisch mutet ein Verfahren an, das von einer Demonstrantengruppe praktiziert wurde, um feindliche Deutsche zu identifizieren. Sie führten ein großes Bild vom deutschen Kaiser Wilhelm II. mit sich. Alle Personen, die verdächtigt waren, deutscher Abstammung zu sein, wurden aufgefordert, auf dieses Porträt zu spucken. Wer dieser Aufforderung nachkam, dessen Geschäft wurde in Ruhe gelassen. Es ist nachvollziehbar, dass sich niemand weigerte.
 
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