Geschichte der Russlanddeutschen

8 Kulturarchiv

8.2.2 Gesetze

8.2.2.4 Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (WoZuG)

in der Fassung des 4. Änderungsgesetzes vom 02. Juni 2000

§ 1 Zweckbestimmung

(1) Das Gesetz dient dem Ziel, im Interesse der Schaffung einer ausreichenden Lebensgrundlage den Spätaussiedlern in der ersten Zeit nach ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes zunächst die notwendige Fürsorge einschließlich vorläufiger Unterkunft zu gewährleisten und zugleich einer Überlastung von Ländern, Trägern der Sozialhilfe sowie von Gemeinden durch eine angemessene Verteilung entgegenzuwirken.

(2) Dieses Gesetz erfasst auch die Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes sowie die nach § 8 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes in das Verteilverfahren einbezogenen Familienangehörigen von Spätaussiedlern.

§ 2 Zuweisung eines vorläufigen Wohnortes

(1) Spätaussiedler können nach der Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes in einen vorläufigen Wohnort zugewiesen werden, wenn sie nicht über einen Arbeitsplatz oder ein sonstiges den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen verfügen und daher auf öffentliche Hilfe angewiesen sind. Das Grundrecht der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(2) Bei der Entscheidung über die Zuweisung sollen die Wünsche des Aufgenommenen, enge verwandtschaftliche Beziehungen sowie die Möglichkeiten seiner Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt werden.

(3) Eine andere Gemeinde im Geltungsbereich des Gesetzes als die des zugewiesenen Ortes ist - außer in den Fällen des Absatzes 4 - nicht verpflichtet, den Aufgenommenen als Spätaussiedler zu betreuen.

(4) Die Zuweisung wird gegenstandslos, wenn der Aufgenommene nachweist, dass ihm an einem anderen Ort nicht nur vorübergehend ausreichender Wohnraum, für den er nicht nur vorübergehend nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist, und ein Arbeitsplatz oder ein sonstiges den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen oder ein Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung stehen, in jedem Fall spätestens nach drei Jahren ab Registrierung in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes.

§ 3 Entscheidung über die Zuweisung

(1) Die nach Landesrecht zuständige oder, mangels einer entsprechenden Regelung, die von der Landesregierung bestimmte Stelle trifft die Entscheidung über die Zuweisung nach Beratung des Spätaussiedlers.

(2) Widerspruch und Klage gegen die Zuweisungsentscheidung haben keine aufschiebende Wirkung.

§ 3a Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, Bundessozialhilfegesetz

(1) Spätaussiedler sind verpflichtet, sich unmittelbar nach der Einreise in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes registrieren zu lassen. Sie erhalten vor der Registrierung von dem für den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz.

(2) Spätaussiedler, die abweichend von
  1. der Verteilung gemäß § 8 des Bundesvertriebenengesetzes in einem anderen Land oder
  2. der Zuweisung aufgrund des § 2 oder einer anderen landesinternen Regelung an einem anderen Ort ständigen Aufenthalt nehmen, erhalten für die Dauer von drei Jahren ab Registrierung in der Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes keine Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch. Sie erhalten in der Regel von dem für den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Der für den Zuweisungsort zuständige Träger der Sozialhilfe kann für die Dauer eines Aufenthalts an einem anderen Ort die Hilfe weiter gewähren, wenn ein arbeitsfähiger Spätaussiedler sich dort nach Beendigung der Sprachförderung zum Zwecke der Arbeitssuche aufhält, den Träger der Sozialhilfe vor Beginn des Aufenthalts davon in Kenntnis setzt und dieser Aufenthalt 30 Tage nicht übersteigt; die Gesamtdauer der Abwesenheit vom Zuweisungsort darf innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist drei Monate nicht übersteigen.

§ 3b Kostenerstattung bei der Gewährung von Sozialhilfe

(1) Nehmen Spätaussiedler abweichend von
  1. der Verteilung gemäß § 8 des Bundesvertriebenengesetzes in einem anderen Land oder
  2. der Zuweisung aufgrund des § 2 oder einer anderen landesinternen Regelung an einem anderen Ort
ständigen Aufenthalt und erhalten sie Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, ist der Träger der Sozialhilfe des aufgrund des § 2 zugewiesenen Ortes oder des nach einer anderen landesinternen Regelung bestimmten Ortes verpflichtet, dem Träger der Sozialhilfe, der tatsächlichen Hilfe gewährt, die aufgewendeten Kosten gemäß § 3a Abs. 2 Satz 2 zu erstatten. § 111 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes findet auf länderübergreifende Erstattungsansprüche entsprechende Anwendung.

(2) Ist eine Zuweisung oder eine andere landesinterne Regelung nicht erfolgt, bestimmt das nach § 8 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes zur Aufnahme verpflichtete Land den zur Erstattung der Kosten verpflichteten Träger der Sozialhilfe; mangels einer Bestimmung ist das Land zu einer Erstattung verpflichtet.

(3) Die Verpflichtung zur Kostenerstattung endet drei Jahre nach der Registrierung des Spätaussiedlers in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes.

§ 4 Ermächtigung für den Erlass von Rechtsverordnungen

Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung
  1. einen Schlüssel für die Zuweisung von Spätaussiedlern innerhalb des Landes festzulegen,
  2. die Anforderungen an den ausreichenden Wohnraum im Sinne des § 2 Abs. 4 und die Form seines Nachweises zu umschreiben,
  3. die Form des Nachweises eines Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatzes oder des sonstigen den Lebensunterhalt sichernden Einkommens im Sinne des § 2 Abs. 1 und 4 zu bestimmen,
  4. die Verpflichtung zur Aufnahme der Spätaussiedler durch die zum vorläufigen Wohnort bestimmte Gemeinde und das Aufnahmeverfahren zu regeln.
Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen.

§ 5 Ausschluss der Anwendung

Auf Aussiedler, Übersiedler und Spätaussiedler, die vor dem 1. März 1996 in den Geltungsbereich des Gesetzes eingereist sind, findet dieses Gesetz keine Anwendung.

§ 6 Anwendungsbereich

Auf Spätaussiedler, die im Geltungsbereich des Gesetzes
  1. nach dem 29. Februar 1996 und vor dem 15. Juli 1997 den ständigen Aufenthalt genommen haben, ist das Gesetz in der vor dem 1. Juli 2000 geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Dauer der Zuweisung an einen vorläufigen Wohnort sowie der Bindung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch an den Zuweisungsort drei Jahre nicht überschreiten darf,
  2. nach dem 14. Juli 1997 registriert worden sind oder registriert werden, ist das Gesetz in der vom 1. Juli 2000 an geltenden Fassung anzuwenden.

§ 7 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
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