Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil III 1917 - 1955

Die Russlanddeutschen unter der Sowjetmacht

3 Stalinistische Herrschaft und Russlanddeutsche

3.1 Kollektivierung, Entkulakisierung und daraus resultierende Hungersnot 1932/33 und die Russlanddeutschen

3.1.1 Kollektivierung der Landwirtschaft

3.1.1.1 Kollektivierung der Wolgarepublik

Gemäß den administrativen Vorgaben sollte die Kollektivierung der russlanddeutschen Bauern im Herbst 1930/Frühjahr 1931 erfolgen. Ihre Wirtschaften befanden sich überwiegend in den wichtigsten Getreideregionen, die den Markt belieferten. Daher standen sie im Kalkül der Sowjetführung an vorderster Stelle.

Abgesehen von den Kulaken war die Haltung der meisten russlanddeutschen Bauern gegenüber der Kollektivierung sehr differenziert. Es dominierte vielfach das verständliche, in den Jahren der NÖP geförderte Bestreben, ungehindert und selbstständig zu wirtschaften und die überschüssigen Erträge zu verkaufen. Die ärmeren Bauern dagegen lehnten die Kollektivierung nicht ab. Zum einen wollten sie ihren "Frieden" mit der Sowjetmacht schließen und zum anderen hatten sich viele von ihnen bereits in Genossenschaften zusammengeschlossen, um wirtschaftlich zu überleben. (siehe hier Wirtschaftliche Entwicklung und Leistungskraft der ASSR der Wolgadeutschen link)

Die Ende der zwanziger Jahre in der ASSR der Wolgadeutschen vorherrschende Meinung beschrieb Wilhelm Kurz 1928. Er charakterisierte die Haltung der Bauern gegenüber einer Kollektivierung mit den Worten: "dem Übergang von der Einzelhof- zur Gruppen- und Gemeinschaftswirtschaft [würden diese] zur Zeit noch einen recht zähen Widerstand" entgegensetzen.

Damals gab es an der Wolga 181 Kolchose, die 6,8 Prozent der Bauernwirtschaften vereinten. Aber bereits Ende 1929, als die Entscheidung über die administrative Forcierung der Kollektivierung unmittelbar bevorstand, waren schon 32 Prozent der Wirtschaften kollektiviert. Dieses Tempo erhöhte sich in den folgenden Monaten enorm, nachdem eine Regierungsdelegation im November 1929 die ASSR besucht hatte. Im Sommer 1931 waren die bäuerlichen Wirtschaften der Wolgarepublik zu rund 95 Prozent kollektiviert. Damit lagen die Wolgabauern sozusagen "im Plan".

In den anderen Regionen des Landes verlief die Kollektivierung mit einem ähnlichen Tempo. Am Ende des 2. Fünfjahrplanes (1937) waren rund 93 Prozent aller Bauernhöfe in der UdSSR kollektiviert, 243.000 Kolchose waren entstanden.

Die Folgen der von oben verordneten Kollektivierung der Landwirtschaft waren allerdings alles andere als eingeplant. siehe hier link
 
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