Geschichte der Russlanddeutschen

Auswanderung der Deutschen

Teil II 1820 - 1917

5 Rolle der Schule

Verordnung über Schul- und Religionsunterricht in den Saratower Kolonien

  1. Die Patres der römisch-katholischen und die Pastoren der protestantischen Konfession prägen ihren Pfarrkindern bei jeder Gelegenheit die Heiligkeit der Pflicht ein, ihre Kinder in Gotttesfurcht zu erziehen und sie rechtzeitig in die Kirchenschulen zu schicken, deren Hauptaufgabe in der Unterrichtung der Jugend in der Religion besteht.
  2. Die Patres und Pastoren besuchen wöchentlich die Schulen ihrer Pfarrdörfer und halbmonatlich die Schulen der Nebendörfer. Außer diesen festgesetzten Besuchen liegt ihnen ob, diese Schulen, unerwartet für Lehrer und Schüler, aufzusuchen.
  3. Die Besuche der Patres und Pastoren haben nicht nur den Zweck, ein allgemeine Aufsicht auszuüben, sondern durch Belobung der Fleißigen und Tadelung der Faulen zum Fleiß anzuspornen
  4. Die gewöhnlichen und außergewöhnlichen Besuche der Patres und Pastoren werden mit Angabe des Datums von den Schulmeistern in das von ihnen geführte Revisionsbuch eingetragen, damit der Superior und Probst zu jeder Zeit feststellen kann, inwieweit der Geistliche sich seiner Schulen annimmt.
  5. Jeder Familienvater ist verpflichtet, seine Kinder, Zöglinge, Lehrlinge und Diener beiderlei Geschlechts, vom siebenten Jahre an von anfangs Oktober bis Ende Mai täglich in die Schule und Sonntags in die Katechese zu schicken.
  6. Jeder Schulmeister führt eine genaue Liste aller schulpflichtigen Kinder, an Hand welcher er nach Beendigung des Vormittag- und Nachmittagunterrichts oder der Kinderlehre aufruft und die Fehlenden in eine besondere Liste einträgt, die er jeden Tag der Dorfobrigkeit vorlegt.
  7. Nach Erhalt der Liste erkundigt sich das Dorfamt beim Familienvorstand über die Gründe des Ausbleibens der Schüler. Falls dieses als gesetzlich anerkannt wird, werden die Gründe in der Liste vermerkt, im anderen Falle wird das Familienoberhaupt mit der in § 9 festgesetzten Strafe belegt.
  8. Als gesetzliche Gründe für das Fehlen der Schüler werden anerkannt: Krankheit des Schülers, die Notwendigkeit, ein Familienmitglied zu pflegen, Todesfall, jedoch nur bis zur Beendigung der Beerdigung, und bei weitem Schulweg schlechtes Wetter.
  9. Für jedes ungesetzliche Fernbleiben von der Schule zahlen die Eltern, Vormünder, Erzieher oder überhaupt das Familienoberhaupt 5 Kopeken Strafe.
  10. Die Strafe wird vom Dorfamt eingezogen und mit dem Verzeichnis den Kirchenältesten gegen Quittung ausgehändigt, die das Geld der Schulkassen einverleiben. Die Schulkasse wird auf gleicher Grundlage wie das übrige Kirchenvermögen verwaltet. Die Strafgelder werden zum Ankauf von Schulbüchern für arme Kinder und Büchern als Prämien für fleißige Kinder verwandt.
  11. Wenn die zur Strafe verurteilte Person diese nicht zahlen kann, so wird sie zur Gemeindearbeit herangezogen, und zwar für jede Abwesenheit des Schülers einen halben Tag.
 
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